残 Zanshin

Liebe Aikidoka,

hier mal wieder eine Erläuterung eines typischen Kampfkunstbegriffes:

In Romaji: Zanshin (das Z ist ein stimmhaftes „s“)

Hiragana: ざんしん

Aber richtig interessant ist der Begriff (wie immer) wenn man sich die Kanji anschaut: 残心

Wenn man im Waffentraining in Iwama oder auch beim normalen Taijutsu Training noch unter Morihiro Saito Sensei trainierend nach dem Ausführen der Technik sich einfach nur umgedreht hat, oder sich irgendwie wegbewegt hat, die Haare gerichtet, die Bäume hochgeschaut oder zu den anderen Trainierenden, hat Sensei sofort geschrien „DAMME! ZANSHIN!!!!“. Auch, wenn man als Uke auf dem Boden liegend einfach nur aufgestanden ist „ZANSHIN!!!”

In der herkömmlichen japanischen Sprache kann das Wort Zanshin mit den gleichen Kanji „Bedauern“ heißen.
Im Budo ist aber definitiv nicht gemeint, dass der Lehrer nach ausgeführter Technik anfangen soll den zu Boden Gegangenen noch ein wenig zu bedauern 🙂

Nein, im Budo ist Zanshin ein Aufmerksamkeitszustand, eine Konzentration, die auf den Uke, die Umgebung, beim Bogenschießen auf das Ziel und aber auch auf einen selbst gerichtet ist. Man kontrolliert die Situation um sofort wieder agieren zu können. Im Training hält man das Gefühl des Abschließens der Technik, oder des Shuriken Wurfes fest. Auch bei den Iai-katas (Schwert ziehen) wird während des Zurückschiebens des Schwertes konzentriert nach vorne geschaut, man darf nicht auf die Klinge oder die eigenen Hände schauen während man das Schwert zurück schiebt. Es geht also einerseits um Kontrolle halten, über den „Gegner“ und die Situation an sich. Aber im Training auch darum den Moment nach Abschluss einer Bewegung zu erleben. Z.B. ist es beim Ausführen des Schnitttests mit dem Katana unbedingt nötig sich gleich nach dem Schnitt das Ergebnis zu betrachten und auch zu erleben und das Erlebte in Erinnerung zu rufen, denn die eigentliche Ausführung geht so schnell, dass man nur über das vorherrschende Gefühl zu einem Ergebnis kommen kann, warum ein Schnitt gut geklappt hat und warum nicht. In vielen Disziplinen geht man sogar soweit, dass man sich im Anschluss noch vor dem Ziel verbeugt, auch wenn es nur ein Gegenstand ist (Zielscheibe, Strohmatte etc.)

Die Kanji:

残: on-Lesung: Zan; Kun-Lesung: noko

Bedeutung: Übriges, Übrig gelassenes, Rest

Wörter mit dem selben Kanji: zanyo: Restbetrag ; zanzou: Nachbild; zankou: Abendrot;
Und die Verben (mit der kun-Lesung): nokoru: bleiben, übrig bleiben, weiterhin bestehen
und nokosu: hinterlassen, übriglassen, zurücklassen.

Das zweite Kanji ist ganz einfach: on-Lesung: shin; Kun-Lesung: Kokoro = Herz, Gefühl, Seele, Bewusstsein

Im Budo Sinne also: obwohl die Technik zu Ende ist, bleibt das Bewusstsein weiterhin bestehen.

Ihr könnt ja mal darüber nachdenken inwiefern das regelmäßige Trainieren von Zanshin hilfreich für den Alltag sein kann 😉

Lieben Gruß und bis bald im Training 😉

Volker